Mit der DA40 ans Nordkap

21.10.2011 RK
Diamond DA40

Ingmar Mayerbuch hat die Diamond DA40 Tundra auf Tundra Tauglichkeit getestet und ist mit der Maschine ans Nordkap geflogen, lesen Sie dazu den Reisebericht.

Ausgangspunkt eines speziellen Trips im Juli 2011 war Wiener Neustadt in Österreich, dem Firmensitz von Diamond Aircraft GmbH. Eine der neusten Entwicklungen, die DA40 Tundra-Variante (vorgestellt auf der AERO 2011 und bereits im EASA und russischen Raum zugelassen) sollte in Skandinavien einer gründlichen Felderprobung unterzogen werden.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Die Diamond DA40 Tundra ist für den rauen Betrieb in der Tundra gebaut

Es handelt sich bei dem Flugzeug um eine modifizierte Version der DA40 NG mit einem in sämtlichen Bereichen verstärkten Fahrwerk und großen, Energie absorbierenden Rädern. Des Weiteren wurde durch Anpassung der Geometrie die Bodenfreiheit des Propellers deutlich erhöht, ohne dabei die Flugleistung oder Sicht der Piloten einzuschränken. Das Gesamtpaket wurde kompromisslos auf den rauen Einsatz und die Anforderungen unpräparierter Pisten bzw. den off-field Betrieb optimiert.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap, Route (Bild: Ingmar Mayerbuch)

Reise mit der DA40 Tundra in den hohen Norden

Um das breite Einsatzspektrum zu demonstrieren und zu simulieren wurde eine Reiseroute gewählt, die den gesamten skandinavischen Raum und damit unterschiedlichste Wetter- und Feldbedingungen abdecken konnte. Erster Stopp auf dem Weg nach Skandinavien war Bornholm (Dänemark), von wo es am nächsten Tag direkt nach Stockholm weiterging. Da die DA40 Tundra, wie alle DA40 NGs mit dem 170 PS starken AE300 Dieselmotor ausgerüstet ist, konnte bereits ab hier vom preisgünstigen JET-Fuel profitiert werden.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Nach einem Aufenthalt in Stockholm geht es weiter nordwärts

Nach drei Tagen Aufenthalt in der Hauptstadt Schwedens ging es VFR weiter ins Landesinnere, wo nach mehrtägigem regenreichen Wetter der Boden entsprechend aufgeweicht war - ideale Bedingungen also, um das Spezialfahrwerk zu testen. Die erste Zwischenlandung wurde konsequenterweise auf einem direkt am Wasser gelegenen Flugfeld (Nähe Arbrå) durchgeführt. Erwartungsgemäß wären die Bedingungen hier für herkömmliche Flugzeuge dieser Bauart wohl eher schon grenzwertig gewesen, vor allem was die verfügbare Bahnlänge in Kombination mit dem leicht sumpfigen Untergrund anging.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Vorteil der großen Niederdruckräder konnte voll ausgespielt werden

Wie sich zeigte, konnten nun die Vorteile der großen Niederdruckräder voll ausgespielt und der Flug problemlos und sicher nach Nordwesten fortgesetzt werden. Über die von Seen und Flüssen durchzogenen endlosen Wälder Mittelschwedens führte der Weg über einige mehr oder weniger als solche erkennbare Flugplätze nach Östersund, wo die mit Long-Range Tanks versehene Maschine wieder vollgetankt wurde.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Von Östersund unter IFR Bedingungen weiter nach Tromsø

Am selben Tag noch ging es weiter nach Tromsø in Norwegen. Da die Wettervorhersage mit einer stationären Front über dem Gebirge inklusive eingelagerter Gewitter weiter im Norden einen VFR-Flug (Sichtflug) unmöglich machte, wurde kurzerhand ein IFR-Flugplan (Instrumentenflug) aufgegeben, um kurze Zeit später in Richtung norwegische Küste auf FL130 zu steigen. Die DA40 Tundra wurde somit vom robusten Expeditionsflugzeug unmittelbar zur komfortablen Reisemaschine. Das voll integrierte Avioniksystem G1000 plus Garmin GFC700 Autopilot, welches über alle Annehmlichkeiten eines modernen Glas-Cockpits nach neuestem Stand der Technik (Synthetic Vision, Stormscope uvm.) verfügt ließen den ca. 600nm langen Flug entsprechend entspannt verlaufen. Wiederholtes Anpassen der Flughöhe (FL 90 FL 150) ermöglichte ein Durchfliegen der Front ohne nennenswerte Beeinträchtigungen, nur leider war von der beeindruckenden Küste Norwegens nur hin- und wieder etwas zu sehen.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Nach 4,5 Stunden ist Tromsø erreicht

Nach ca. 4,5h Flugzeit war Tromsø erreicht, wo wieder bessere Wetter- und um diese Jahreszeit rund um die Uhr Tagesbedingungen herrschten. Der Gesamtverbrauch für diesen Flugabschnitt betrug gerade einmal 89l Diesel, der Tank war damit erst knapp zwei Drittel leer geflogen. Trotzdem wurde wieder voll getankt, da als nächstes das Nordkap und die Durchquerung Finnlands ohne weiteren Tankstop auf dem Programm standen.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Über Hammerfest ans Norkap

Der Weiterflug entlang der von zerklüfteten Fjorden durchzogenen Nordküste via Hammerfest wurde nach einem Tag Aufenthalt in Angriff genommen. Da diesmal die Zeit etwas drängte, wurde durchgehend mit 85% Leistung geflogen und so eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 134 KTAS erreicht - angesichts der großen unverkleideten 21-Räder in ca. 4.000 ft immer noch ein sehr brauchbarer Wert. Dadurch konnte eine bürokratiebedingte Verspätung beim Abflug ohne Probleme wieder aufgeholt werden.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Von Honningsvåg weiter über Finnland nach Luleå

Nach Landung in Honningsvåg am Nordkap (N71° 00.6) und Besuch des nördlichsten Punktes Europas ging es am Nachmittag wieder IFR (Instrumental Flight Rules) in Richtung Süden weiter. Zunächst über die beeindruckenden Fjorde der Barent-See und diesmal mit sparsamen 60%, was einem Verbrauch von ca. 20 l/hr entspricht und eine sichere Reichweite von bis zu 850 nm gewährleistet. Somit war es kein Problem, am selben Tag noch Luleå, die wichtigste Stadt Nordschwedens an der bewaldeten Küste zu erreichen. Beim Flug durch den Norden Finnlands wurde auch zum wiederholten Male eine ausgeprägte Luftmassengrenze durchflogen, was sich mit Temperaturen über 30°C am Boden und hoher Luftfeuchte bemerkbar machte.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Das verstärkte Fahrwerk hält einiges aus

Von hier aus wurde dann die Expedition wieder ins äußerst dünn besiedelte Landesinnere Lapplands fortgesetzt mit Zwischenstopps auf unterschiedlichst präparierten Landefeldern. Schnell wurde klar, dass das Tundra-Fahrwerk kaum an seine Belastungsgrenzen zu bringen war und auch tiefere Unebenheiten und Löcher problemlos in Kauf nahm, ohne das dabei seine dämpfendeWirkung merklich beeinträchtigt war. Auch die für diesen Einsatzzweck eher ungewöhnliche Tiefdeckeranordnung stellte sich unter keiner der getesteten Bedingungen als merklicher Nachteil heraus. In Härnösands, nahe Sundsvall, wurde eine mit ungleichmäßigem gravel notdürftig als Piste markierte Oberfläche ebenfalls als geeignet eingestuft. Keiner der angeflogenen Plätze war besetzt, sofern überhaupt mit Infrastruktur versehen. Dies war nicht weiter nachteilig, jedoch stellte sich nach und nach heraus, dass am Sonntag in Schweden die allermeisten (auch internationale) Flughäfen geschlossen sind und folglich kein Kraftstoff erhältlich ist. So musste nochmals in Bromma (Stockholms City-Airport) getankt werden, bevor weiter in Richtung Vätternsee geflogen werden konnte.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Expeditionstauglichkeit der DA40 Tundra unter Beweis gestellt

In der Mitte des Vätternsee befindet sich eine malerische Insel (Vissingsö), an deren nördlichen Ufer zur Landung angesetzt wurde. Nach dem dritten tiefen Überflug war der riesige Schwarm Seevögel vertrieben und die Maschine wurde nach der Landung direkt am Strand abgestellt. Das idyllische Umfeld war wie dafür geschaffen, die Expeditionstauglichkeit der Tundra zu simulieren und so wurde beschlossen, das mitgeführte Zelt direkt am Strand aufzubauen und die Nacht am Flieger zu verbringen. Dies war mit abendlichem Bad im glasklaren Wasser und Lagerfeuer der perfekte Ausklang einer erlebnisreichen Tour durch die verschiedenen Klima- und Landschaftszonen Skandinaviens mit dem wie dafür geschaffenem Fluggerät, dessen Vielseitigkeit es problemlos möglich machte den Flugweg der aktuellen Wetterlage anzupassen.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Die DA40 Tundra kann selbst bei widrigem Wetter über grosse Distanzen eingesetzt werden

So war es trotz eher bescheidener Großwetterlage möglich, zum richtigen Zeitpunkt im aktuellen Schönwetterfenster zu bleiben und dieses auszunutzen. Von Vissingsö führte der Flugweg dann wieder über die Ostsee nach Heringsdorf und von dort über Friedrichshafen zurück nach Wiener Neustadt. Für die Gesamtflugzeit von rund 28h wurden etwa 590l Jet-A1 gebraucht. Dies entspricht gerade einmal vier Tankfüllungen. Dabei konnte das Gepäck für 10 Tage, sowie eine komplette Camping-Ausrüstung problemlos untergebracht werden.

Mit der Diamond DA40 Tundra ans Nordkap (Foto: Ingmar Mayerbuch)

Die DA40 Tundra ist die perfekte Synthese zweier Einsatzbereiche

Die DA40 Tundra ist die perfekte Synthese zweier Einsatzbereiche, die man sonst in dieser Kategorie Flugzeug nirgends in dieser Kombination findet, einem robusten und alltagstauglichem Arbeitsgerät für fast beliebig raue Umgebungsbedingungen und einem voll IFR tauglichen 4-sitzigen Reiseflugzeug, welches sich aufgrund seiner Effizienz und komfortablen Reichweite, sowie seiner Dieseltauglichkeit weltweit zuverlässig einsetzen lässt. Insofern hat sich der Slogan Go, wherever you want voll bestätigt!

Reisebericht von Ingmar Mayerbuch (Head of Flighttest Diamond Aircraft Industries)

Mit freundlicher Genehmigung von Diamond Aircraft

Kurzportät Ingmar Mayerbuch

Ingmar Mayerbuch, 33 Jahre alt. Leitet als Cheftestpilot die Abteilung Entwicklungs- und Zulassungserprobung bei Diamond Aircraft und weiß sowohl beruflich als auch privat die  Flexibilität beim Reisen in Flugzeugen der allgemeinen Luftfahrt sehr zu schätzen. In seiner Freizeit ist er häufig auf dem Fluglehrersitz von Segelflugzeugen anzutreffen.

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